März 11th, 2007

EDGE OF QUARREL (#89, 08-2001)

Posted in interview by andreas

It`s PUNK vs. STRAIGHT EDGE aNd thE sTreets Are nOt Safe…

Selten erklärt untertitel einen film so umfassend und treffend wie im vorliegenden fall. Die handlung ist ja auch wirklich recht schlicht und in 2 sätzen zusammenzufassen: ein typ kommt nach jahren in der fremde zurück in seine heimatstadt und muss feststellen, dass seine beiden besten kumpels mittlerweile eine SxE bzw. eine punkgang anführen und miteinander aufs blut verfeindet sind. Daraufhin macht er sich daran, die szene und vor allem seine freunde wieder zu vereinen … 

Weniger anspruchsvolle handlungen gibt es für gewöhnlich nur bei drittklassigen action- und fick-filmen. Gleichwohl hat der film nicht wenige menschen begeistert, und das schon vor seiner veröffentlichung im bei uns üblichen PAL format. Gerade diese begeisterung war schliesslich der grund, warum es überhaupt zur „Deutschland-edition“ gekommen ist.

Bleibt die frage, was die begeisterung ausgelöst hat. Nun kann ich mit fug und recht behaupten, dass ich den film grosse klasse finde, muss aber im selben moment einräumen, dass hier für weder die raffi-nierte handlung (siehe oben) noch die grossartigen schauspielerischen leistungen der schauspieler-Innen ursächlich sind – letztere sind gerade bei den stellen die wohl zu beginn der dreharbeiten entstan-den sind, schlichtweg als hölzern zu bezeichnen.

Auch die tatsache, dass eine reihe mehr oder wenige bekannte bands/musiker mitspielen, kann nicht die alleinige erklärung sein. Tatsächlich ist es wohl der nicht von der hand zu weisende trashfaktor, der sich aus den umständen wie der film entstanden ist (siehe unten) ergibt. Zumal durch die liebevolle umsetzung des projekts gerade evtl. unzulänglichkeiten durch das hohe mass an sympathie wettgemacht werden.

Weiter kann der film mit einem grossartigen perfekt auf die handlung abgestimmten soundtrack auf-weisen, der in verbindung mit der actionreichen inszenierung für ein hohes tempo sorgt und so über die gesamten 120 min. keine langeweile aufkommen lässt.

Was für mich den film aber zum klassiker macht ist die gnadenlose persiflierung sämtlicher klischees die einem zum thema SxE und us-punk nur in den sinn kommen können. Gleichzeitig wird jedoch immer deutlich, dass hier nicht jemand am werk ist, der sich über die betroffene szene lustig macht, sondern dass der film von jemandem gemacht wurde, der selbst teil des ganzen ist und hier liebe-voll mit stereotypen spielt.

Und genau das hebt TEOQ von den ganzen „major“-produktionen (gleich ob eher coolen wie HARDCORE LOGO oder peinlichkeiten wie SLC PUNK – um mal zwei filmchen aus den letzten jahren zu nennen) ab: der stallgeruch und die liebe zum film, zur musik und der „szene“

Bleiben noch eine reihe endgeiler sprüche die TEOQ in meinen augen wirklich zum Bluesbrothers des HC/punk machen. Um gleich etwaigen vorwürfen vorzubeugen: ich hab mit dem film nichts zu tun. Ich mag ihn einfach sehr gern! Und überhaupt: noch für die d-edition zu werben ist wohl überflüssig, weil die auflage von 200 stück schon so gut wie vergriffen sein dürfte – allenfalls, dass noch ein paar tapes bei irgend-welchen mailordern rumgeistern. Dann solltet ihr aber schnellstens zuschlagen oder ihr bestellt euch halt die ami-version bei Excursion (die dann halt auf NTSC ist und somit entsprechende hardware erfor-dert). So, genug der vorrede. Lassen wir nun den meister und zwei seiner mimen zu wort kommen…

***

DAVID LARSON
(Director)

Nun, zu allererst muss ich natürlich einmal fragen, ob die im film beschriebene situation auch nur ansatzweise etwas mit dem reellen leben zu tun hat. Ist es bei euch wirklich soweit gekommen, dass punks und straight edge kids sich wie in einem bescheuerten GANG WAR bekriegen?

David: Natürlich ist das alles frei erfunden. Ich kann zwar nicht für den rest der welt sprechen, aber die situation hier in Seattle hat rein gar nichts mit der handlung des filmes zu tun. Einige aspekte daraus basieren vielleicht auf wahren geschehnissen, aber in der regel kommen die leute dieser beiden, sich nur marginal unterschei-denden, szenen, doch sehr gut miteinander aus. zu-mindest hier bei uns.

Man hört vielleicht mal von straight edge kids in salt lake city, die etwas am rad drehen. Mit unserem täglichen leben hat das allerdings nichts zu tun. Die kernaussage des filmes, dass punk und straight edge letztlich 2 unterschiedliche seiten von ein und derselben medaille sind, trifft meiner meinung nach schon eher auf die situation in seattle zu.

wann bist du zum ersten mal auf den trichter gekommen einen abendfüllenden spielfilm über sich bekämpfende punk- und straight edge gangs zu drehen? War das ursprünglich so etwas wie ein high school- oder college projekt?

David: Nein, das war kein schul-projekt. Ich war ja schon 27 als wir mit dem film begannen, und auf dem college war ich sowieso nie. Seit jahren wollte ich schon einen film drehen, dachte aber immer, dass dies ohne einen haufen geld unmöglich wäre. Dann sind 2 dinge passiert. Ich habe Robert Rodriguez`s buch REBEL WITHOUT A CREW gelesen und Evan Jabob`s film WALKING BETWEEN THE RAINDROPS gesehen. Das buch beschreibt detailliert wie Rodriguez EL MARIACHI für 7.000 $ gedreht hat, und WALKING… ist ein full length movie, dass so ein hardcore typ auf video material gedreht hat.

Nachdem ich Evan`s film sah wusste ich, dass ein eigener film vielleicht doch möglich wäre. Also begann ich an einem script zu schreiben. Dass am ende ein film über sich bekriegende punk- und straight edge gangs herausgekommen ist, liegt wohl fraglos daran, dass dies die beiden grössten einflüsse in meinem leben waren. Ausserdem konnte ich in eine solche story jede menge prügelszenen einbauen, was das ganze ja nun nicht gerade langweiliger gemacht hat!

hattest du während der 2jährigen produktions-dauer jemals zweifel an der fertigstellung des filmes? Gab`s viele leute aus deinem umfeld, die dir unterstützend zur seite standen, und dich nach rückschlägen wieder aufgebaut haben? Ich meine, verdammt, 2 jahre!! Viele der kids sind nicht einmal so lange in der szene. Das muss ein hölli-scher job sein, solche projekte zu organisieren.

David: Um nur mal so viel zu sagen, es war ganz schön hart dieses ding durchzuziehen. Aber für gewöhnlich bin ich ein ziemlich sturer bastard, und so habe ich das ganze dann eben auch bis zum bitteren ende durchge-prügelt. Es hat die sache auch nicht gerade erleichtert, dass so ziemlich alle meiner schauspieler in irgend-welchen bands spielten, die ungünstigerweise natürlich immer dann auf tour gingen, wenn wir wieder einmal einen entscheidenden dreh vor uns hatten. Dann gab`s da eine situation, wo einer der hauptdarsteller plötzlich meinte, sich EINEN BART wachsen lassen zu müssen bevor alle szenen abgedreht waren.

Das hat es natür-lich unmöglich gemacht, den film wie geplant zu beenden, da viele der noch fehlenden szenen entschei-dend für die gesamte story line waren. Wenn ich diese szenen trotzdem so gedreht hätte, so wäre diesem schauspieler innerhalb eines tages im film auf mysteriöse art und weise ein bart gewachsen. Ich konnte ihn einfach nicht überreden, sich den bart abzurasieren. Also musste ich diese figur komplett streichen und den film massiv umschreiben, um ihn wenigstens noch zu retten. Auch wenn die neue ver-sion nicht ansatzweise so gut war wie die alte.

Einen monat später entschloss sich besagte person dann doch zu einer rasur, und wir konnten den film in seiner ursprünglichen form zu ende bringen. Ich glaube, nach dem ersten jahr wahr ich der einzige, der noch an die fertigstellung des filmes geglaubt hat. Aber das hat mich nicht sonderlich überrascht. Schliesslich dachte auch niemand, dass ich nach 13 jahren immer noch straight edge sein würde.

warum sieht der film eigentlich wie ein 1:1,85 oder 1:2,35 formatiger widescreen streifen aus? Er wurde doch auf Hi8 Video material gedreht, oder?! Wurde da nachträglich rumeditiert, um ihn quasi kinotauglich zu machen? Wurde TEOQ überhaupt mal in kions gezeigt? Vielleicht bei underground film festivals oder ähnlichen an-lässen?

David: Ich habe den film mit meiner Hi8 kamera im CINEMA modus gedreht, um ihm diesen widescreen look zu verpassen. Der grundgedanke dabei war, dem ganzen mehr den touch einer richtigen filmproduktion zu verpassen. Der film lief tatsächlich in einigen kinos hier in Seattle sowie auf einigen filmfestivals. Ich habe sogar einen kleineren award beim microcinefest 2000 in Baltimore gewonnen: SECOND PLACE AUDIENCE CHOICE BEST FEATURE. Jetzt kann ich`s also mit einem zwinkernden auge ganz offiziell THE AWARD WINNING EDGE OF QUARREL nennen.

TEOQ ist ja förmlich bis zum anschlag vollgestopft mit cooler musik. War es deine alleinige entscheidung welcher song in welchem part des filmes benutzt wird? Und dann gab`s da szenen im film, die mich stutzen liessen, ob sie eventuell extra auf einen bestimmten songpart zugeschneidert wurden. Denn die musikalische untermalung passt bei besagten szenen einfach so optimal, dass ein zufall hier doch wohl ausgeschlossen werden kann. Zum beispiel die szene am anfang, wo Rollo seinen arsch, vor den ihn verfolgenden punks, retten muss. Da sind plötzlich diese edger auf einer anhöhe, die das geschehen beobachten. Und als sie dann losrennen, um in das geschehen einzugreifen, setzt plötzlich ein schneller schlagzeugwirbel in dem song ein, der den film schon eine ganze zeit untermalt. Solche kleinigkeiten müssen doch ein höllischer editing aufwand sein, oder?! Wie hast du das technisch überhaupt in den griff be-kommen? Hattest du professionelle hilfe?

David: Es war ganz alleine meine entscheidung, welche musik wo im film benutzt wird. Nun, natürlich nur, nach dem ich dafür die genehmigungen hatte. Während des drehs hatte ich aber noch keine genaue vorstellung über die zu verwendende musik. Diese entscheidungen fielen alle beim editieren des films. Wenn einige der szenen jetzt den eindruck machen, als seien sie um einen bestimmten song herum designed, dann weil sie in mühsamer kleinarbeit editiert wurden bis musik und film perfekt zusammen passten.

Wie du bei der szene mit Rollo schon richtig erkannt hast, läuft der song bereits eine ganze weile bevor wir Rollo vor den punks flüchten sehen. Der song fliesst dann aber nahtlos in die action ein. Im vergleich zur alten reel-to-reel technik, ist so etwas mit digitalem, nonlinearen editing eigentlich ziemlich leicht hin zubekommen. Du kannst die images und sounds beliebig hin und her schieben, bis du dein gewünschtes resultat hast. Was professionelle hilfe angeht, ich hatte jemanden, der mir zeigte, wie ich mit der hardware klar komme. Aber ab da lag das ganze editing dann voll und ganz in meinen händen.

im film gibt`s ja gleich mal einen ganzen arsch voll prügel szenen. Hat sich dabei eigentlich mal jemand versehentlich ernsthaft verletzt? Einige szenen machen schon den eindruck, als hätten die schläge voll ins schwarze getroffen.

David: Da sind wir alles in allem doch recht glimpflich davon gekommen. Niemand hat sich ernsthafter verletzt. Gut, es gab wohl mal ein paar beulen, blaue flecke und ein oder 2 platzwunden. Aber nichts wirklich ernsthaftes. In der ersten kampfszene siehst du ein paar straight edge kids beim fluchtversuch wie sie sich über-schlagen nachdem sie die punks vermöbelt hatten.

Neile von der band CONTINGENT hat sich dabei eine platzwunde am kopf zugezogen. Das sah schon ziemlich bedrohlich aus. Dann hatten wir noch eine situation, wo jemand gegen ende des filmes versehent-lich seinen kontrahenten ziemlich sauber mit dem knie an der schläfe erwischt hat. Diese szene war somit auch nicht gestellt. Im grossen und ganzen ist aber alles recht schmerzfrei abgelaufen.

ok, für alle plattensammler muss ich natürlich diese frage hier stellen. Welche platten habt ihr bei der punk party szene, als sich das verkleidete straight edge kid unter anderem an klassikern wie NEGATIVE APPROACH austobte, wirklich zerbrochen und zerkratzt? Mussten dafür die John Denver platten eurer eltern ihr leben lassen?

David: Hey, jetzt warte aber mal! Meinst du nicht auch, dass die lüftung dieses geheimnisses einen ordentlichen teil des filmspasses zu nichte machen würde?! Aber lass es mich so sagen, es waren wirklich platten aus dieser sammlung. Gute platten mussten also ihr leben für diese szene lassen.

ja ja, sicher! Wahrscheinlich habt ihr irgend-welche bremer krachbolzen genommen. Und nun hast du schiss dies zu sagen, weil du ganz genau um die bedrohliche schlagfertigkeit der bremen posse weisst ?. Nun gut, lassen wir das. wer kam eigent-lich auf diesen ALL TIME CLAssIC schlusssatz FUCK THE KIDS? der ist ja, ich muss es einfach zugeben, jetzt schon legendär. ?

David: Ron, der mal bei Brotherhood gesungen hat, kam vor jahren mit diesen FUCK THE KIDS stickern an, um sich ein wenig über die band Trial und ihren song FOR THE KIDS lustig zu machen. Und da Trial am anfang des films diesen song live spielen, hielt ich es für lustig, das ganze mit Ron`s version zu beenden. The idea was to „bookend“ the movie with those two views.

was sind für dich die peinlichsten goofs im film?

David: Ach da gibt es viele offensichtliche wie zum beispiel schlechtes acting oder ein erfahrungsarmer, untalentierter regisseur. Dann gibt es weniger offen-sichtliches, dass mich aber genau so ärgert. Als Jason und Brian zum beispiel das erste mal zu Jason`s haus gehen, trägt Jason einige band pins an seiner jacke. Aber als sie sich in der vorherigen szene im park getroffen haben, war von pins weit und breit nichts zu sehen.

Ach, da gibt`s noch viele weitere. Mitten in szenen wechseln zum beispiel die getragenen shirts auf mysteriöse art und weise, leute die anfänglich straight edger spielten, tauchen später als punks wieder auf… solche sachen halt. Ich bin sicher es gibt noch jede menge mehr. Aber es ist einfach zu deprimierend da jetzt drüber nachzudenken.

wie dürfen wir denn folgenden satz aus dem ab-spann des filmes verstehen? NO CANADIANS WERE GIVEN SPEAKING ROLES? Ein inside joke?

David: Ich bin sehr dicht an der kanadischen grenze aufge-wachsen, und Seattle liegt auch recht nah bei Kanada. Von daher hatte ich von je her engen kontakt zu Kanadiern, und auch viele freunde dort. Ein paar von ihnen spielen auch im film mit, aber die meisten haben eben einfach statisten rollen.

Der satz aus dem abspann ist natürlich als joke zu verstehen. Meine persönliche art der stichelei hat. Und dann stimmt diese aussage noch nicht einmal, denn Pete, der besitzer des SINGLES GOING STEADY plattenladens im film, hat ja eine speaking role, obwohl er ursprünglich aus dem great northern wasteland stammt. Ernsthaft, ich liebe Kanada. Die haben da schickes, feines geld und nette akzente.

hast du jemals daran gedacht THE EDGE OF QUARREL II zu drehen? Hey, ich meine, verdammt, sequells liegen voll im trend ? ? ?

David: das sequel zu THE EDGE OF QUARREL wird natürlich TRU TIL` DEATH heissen, und wird sich wieder um die John Pettibone und Dann Gallucci charaktere drehen. Aber eben ein paar jahre nach den geschehnissen in TEOQ. Nicht dass das jetzt jemand falsch versteht, einen solchen film wird`s natürlich nie geben.

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ROCKY VOTOLATO
(Actor)

Bekommst du eigentlich eine menge feedback für THE EDGE OF QUARREL? Hat dich seit der veröffentlichung des filmes schonmal jemand mit BRIAN angesprochen?

Rocky: In der tat habe ich jede menge feedback bekommen. Der grossteil davon war eher zufälliger natur. Halt leute, die mich auf shows wieder erkannt haben und fragen zum film gestellt haben. Lustig, eine ganze weile schien das ding für niemanden mehr ein thema zu sein, aber in letzter zeit sprechen mich wieder vermehrt leute darauf an.

Bei der letzten WAXWING show wurde ich von der opening band sogar mit as Rocky Votolato would say… FUCK THE KIDS!! zitiert. Und dann letzten mittwoch, bei einer anderen show dachte wirklich jemand mich von irgendwoher zu kennen. Er sagte Hi, war dann irgendwie verdutzt über sich selbst, bis er merkte, dass er mich aus diesem film kennt.

Normalerweise spielst du ja in der band WAXWING. Und daneben hast du auch noch eine solo platte auf dem markt. Das bedeutet natürlich, dass du durch die vielen konzerte durchaus er-fahrung hast, dich in der öffentlichkeit zu präsen-tieren. Aber war dieses film-projekt nicht trotz-dem eine völlig neue erfahrung? Ich meine, hey, hier ging`s um SCHAUSPIELEREI! Ist das nicht ein seltsames gefühl, den ganzen tag in eine ka-mera zu sprechen? Wie lange hast du gebraucht, um mit dieser herausforderung warm zu werden?

Rocky: Manchmal fiel mir das weitermachen schon schwer. Zu der zeit hatte ich noch jede menge andere sachen um die ohren. Trotzdem hat es einfach unglaublich viel spass gemacht. Ich wünschte, ich hätte mehr zeit gehabt, vorher mal das script zu lesen, und nicht nur immer am set notdürftig vor mich hinzustümpern.

Letztlich lief der ganze dreh für mich so ab, dass ich kurz vor jeder einzelnen szene durch meinen text ging, in der hoffnung ihn dann auch einigermassen korrekt rüberzubringen. Ich glaube, Dave war gegen ende des projektes schon ganz schön entnervt. Auf der anderen seite hat er mich und meine situation aber auch sicher verstanden.

Glaubst du, THE EDGE OF QUARREL ist etwas, auf das man auch in 20 oder 30 jahren noch stolz sein kann? Oder handelt es sich dabei nur um einen schnappschuss, eine momentaufnahme ohne tiefere bedeutung?

Rocky: Im verlauf des films habe ich meine spätere frau kennen gelernt. Von daher wird es für mich natürlich immer etwas ganz besonderes bleiben. Und der film als solcher… das hängt wohl davon ab, wer ihn guckt. Ich glaube die kids in der hiesigen punk szene werden den film immer als einen bomben spass in erinnerung behalten.

Erzähl mir jetzt nicht, dass du Rachel, ähh Mahdis geheiratet hast?!

Rocky: Ach was, natürlich nicht Mahdis!! Meine frau und mutter unserer beiden kinder ist April Votolato.

Na das wäre ja auch ziemlich unglaublich gewesen, wenn es Mahdis gewesen wäre. Aber was ganz anderes. Wie oft musstet ihr die FUCK THE KIDS szene am ende des films drehen, bis sie richtig gesessen hat? Das war ja auch so ziemlich der grossartigste satz mit dem man den film beenden konnte. Wie ich Dave ja schon sagte, hat dieser satz in den reihen der MIGHTY TRUST STRIKE FORCE bereits legendären status erlangt. Oh, gab`s eigentlich pläne für ein alternatives ende?

Rocky: Ich glaube, diese scene haben wir nur wenige male drehen müssen. Ich finde auch, dass es die beste zeile ist, die ich im ganzen film sprechen musste. Dave Larson ist einer der unglaublichsten menschen, die ich jemals kennen gelernt habe. Von daher hat es eine menge spass gemacht, dieses ding mit ihm durch-zuziehen. Was ein eventuelles alternatives ende angeht… da sprichst du am besten Dave an. Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, dass er jemals davon etwas erwähnt hätte.

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MAHDIS KESHAVARZ
(Actress)

Durch welchen zufall bist du eigentlich in diesen film involviert worden? Bist du eine enge freundin von Dave?

Mahdis: Ich habe Dave das erste mal 1993 getroffen, als ich noch in der junior high school war, und gerade be-gann, auf punk shows zu gehen. Er war so etwas wie die leitfigur für alle szene-neulinge, da er ganz offen-sichtlich zur OLD SCHOOL CREW gehörte. Ja, schon 93 war Dave old school, was dir vielleicht eine ahnung davon gibt, wie alt er wirklich ist. Auf Dave und seinen Excursion stand konntest du bei fast allen shows zählen. Im laufe der zeit haben wir uns dann nach und nach besser kennen gelernt. Und heute kann ich wirklich behaupten, dass er einer der liebenswertes-ten und grosszügigsten menschen ist, die ich jemals kennen lernen durfte.

Ich würde nicht sagen, dass er mich unter seine fittiche genommen hat, aber ganz sicher habe ich über die jahre eine menge punk-be-zogener dinge von ihm gelernt. Und nicht nur das. Wo immer er konnte, war er für mich da. He is a friend of the highest rank and the truest degree, and I count him as a very dear friend. Als er mich also bat, bei diesem projekt mitzumachen, sagte ich JA. Nun gut, möglicher-weise habe ich ihn auch angefleht, mich mitmachen zu lassen… aber ist das wirklich wichtig?

Nein, wohl nicht. Mir ist aufgefallen, dass du neben der rolle der Rachel im film auch an der produk-tion beteiligt warst. Was von beidem war für dich die grössere herausforderung?

Mahdis: Für mich persönlich kann ich ganz klar sagen DIE SCHAUSPIELEREI. Ich ging die sache anfangs mehr mit so einer HOME VIDEO einstellung an. Ich hielt es für eine weitere von Dave`s verrückten ideen, die uns mit jeder menge spass durch den sommer bringen würde. Aber als es dann losging merkte ich schnell, wie ernst ihm die sache war. Mir wurde auch erst da bewusst, dass ich mein gesicht ernsthaft in eine kamera zu stecken hatte, und dass die leute irgendwann mal meine `schauspielerische` leistung beurteilen würden.

Da hatte ich dann schon weiche knie. Die sound- und make-up technischen dinge, für die ich mitverantwort-lich war, waren dagegen bestenfalls eine willkommene `lern-erfahrung`. Vor allem aber lernte ich, mit Dave sehr viel geduld zu haben! ?

War die schauspielerei an sich wirklich eine so grosse herausforderung für dich? Ich meine, erforderte deine rolle tatsächlich ein hohes mass an schauspielerei, oder konntest du dich mehr oder weniger selbst spielen? eine starke frau, die weiss was sie will, und die dinge dabei nicht so engstirnig sieht? Hattest du einen einfluss auf deinen part im film? Darauf, wie Rachel`s charak-ter dargestellt werden sollte?

Mahdis: Ist das eine fangfrage? Es ist doch wohl ziemlich offensichtlich, dass die schauspielerei nicht gerade zu meinen stärken gehört. Von daher war es natürlich eine enorme herausforderung für mich! Mit Rachel Duarte konnte ich mich insofern identifizieren, als dass ich auch glaube, eine frau zu sein, die weiss was sie will. Auf der anderen seite würde ich wohl nie in eine situation geraten, wie Rachel im film. Dave kann letztlich wohl sehr viel besser beantworten, wie stark er Rachel`s rolle auf meine person zugeschnitten hat.

Der mann war ein tyrann, wenn es um die darstellung dieses charakters im film ging! Es gab definitiv mo-mente wo ich zu ihm meinte: „DAVE, ICH GLAUBE WIRKLICH NICHT, DAss EINE FRAU SO ETWAS TUN WüRDE“. Zum beispiel die szene, als Rachel von Jason und seinem goon bei der Botch show ange-pöbelt wurde. Hier fiel es mir wirklich schwer, einem skript zuzustimmen, nach dem Rachel tatsächlich die show verlässt, nur weil die beiden sie dazu gedrängt haben…. aber Dave bestand darauf, und nun liegt es wohl am zuschauer selbst dieses zu beurteilen.

Waren dies eigentlich deine ersten erfahrungen im `film geschäft`? Könntest du dir für dich in dieser richtung ein weitergehendes engagement vor-stellen?

Mahdis: Dieser film war mein erster WIRKLICHER berührungs-punkt mit der schauspielerei. Ich hatte mal eine public access tv show, aber die war mehr nach-richten orientiert. Im grunde meines herzens bin ich eine aktivistin, und ich war auf dem college, als wir den film gedreht haben. Und seit dem… Ich bin nach New York NY gezogen, wo ich nun auf dem HUMAN RIGHTS sektor tätig bin. Neue schauspieler-ische abenteuer stehen für mich in näch-ster zeit wohl nicht auf dem programm……… aber wenn Dave mal wieder einen film planen sollte, liesse ich mich möglicherweise überreden!

Lustigerweise dreht sich ja letztlich die ganze geschichte des films um deine person. Wie auch im wirklichen leben so oft, ist hier zurückgewiesene oder nicht erwiderte liebe der kern allen übels. Dies genau war doch der eigentlich ausgangspunkt des kleinkrieges zwischen punkern und straight edgern. Sieht so aus, als seien frauen für eine (leider) männlich dominierte punk/hc szene von weitaus grösserer bedeutung, als einige leute es zuzugeben bereit sind. Was meinst du?

Mahdis: ALLES dreht sich um mich! ? Aber ernsthaft, das ist für mich immer ein sehr heikles thema, denn natürlich sind frauen wichtig für und in der punk/punk szene! Frauen sind für/in jedeR szene extrem bedeutend, ganz gleich ob musikbezogen oder nicht. Sie werden oft-mals unterschätzt oder übersehen, gerade in der us amerikanischen punk und hardcore szene. Ich hatte schon ein kleines problem mit Rachel`s darstellung als PREIS oder HAUPTGEWINN am ende des films, auch wenn meinem ego im besonderen hier natürlich geschmeichelt wird. Aber ganz davon abgesehen, halte ich den punkt der ZURüCKGEWIESENEN LIEBE in dem film für nebensächlich.

der entscheidendere punkt war doch der, dass die männlichen charaktere alle nicht reif genug waren, zu ihren gefühlen zu stehen, oder offen zu zeigen, was sie eigentlich wollen. Resultierend daraus, waren sie natürlich alle in einem gewissen masse unglücklich. Ich hätte mir gewünscht, dass der film sich mehr auf Rachel`s persönlichkeit und motivation konzentriert hätte, eine beziehung mit Chance zu führen, obwohl sie zur gleichen zeit wahr-scheinlich viel stärkere gefühle für jemand anderen hatte. But I WE were all left guessing! Ok, und was den punkt von frauen in der punk/hardcore szene angeht…

Ich denke, die szene würde ohne sie nicht existieren! Mal abgesehen von den weiblichen hardcore bands (von denen ich mir natürlich mehr wünschen würde) wären viele shows, lables und publicity aktivitäten für einige der bekanntesten bands ohne den enormen einsatz der frauen im hintergrund dieser szenen einfach undenkbar gewesen! In den Vereinigten Staaten und Steattle im speziellen ist eine überproportional hohe anzahl von frauen für das buchen von shows, publicity tätigkeiten, photo doku-mentationen und das stellen von venues verantwort-lich. Sie sind eine treibende kraft. Gleichzeitig aber habe ich das gefühl, dass frauen in dieser szene von jeher stärker kritisiert wurden als männer.

Nimm zum beispiel nur mal die DOUGHNUTS. Jeder musste seinen müll über ihnen auskippen, wie wenig sie ihre instrumente stimmen konnten, oder dass sie nicht mal ihre songs selbst schrieben… hingegen hast du niemals gehört, dass es ganz schön mutig von ihnen war, es mit dieser szene auf so unkonventionelle art und weise aufzunehmen. In der hardcore szene im speziellen sind die meisten frauen im hintergrund aktiv.

Anstatt selbst zur gitarre zu greifen, beschäftigen sie sich eher mit essentiellen dokumentationen der szene. Dafür muss es einfach einen grund geben. Und ich glaube nicht, dass es mangelndes interesse ist. Ich kann zwar nicht für europa sprechen, aber in den staaten hat die hardcore- UND die punk szene wohl noch einen sehr langen weg vor sich, wenn es um die wahrnehmung und aner-kennung des weiblichen einsatzes in der szene geht.

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AARON EDGE
(Actor)

Im Film spielst Du den superkrassen SxE Schläger Rolo. Wie ist das in Deinem normalen Leben? Landest du öfters in Schlägereien? Wie fühlt man sich, wenn man so eine Rolle spielt?

Aaron: Nun, hierbei ist ganz interessant, dass ich schon ein „brawler` war. Allerdings war ich da in keiner Str8edge Gang, sondern ich war der Anführer der Virginia Beach SHARP Skin Fraktion. Das ist Jahre her, aber ich kannmich daran erinnern, dass wir in einer Menge Schlägereien steckten. So ähnlich wie im Film – alle ziemlich dumm und heftig. Wir haben uns mit Nazis geprügelt und mit betrunkenen Navy Soldaten, die zu unseren Shows kamen und dort in der Pit gestört haben. Wir haben nie einfach so jemanden ausgesucht, aber die Kids waren ganz schön verstört wegen unserer Anwesenheit.

Das letzte Mal, dass es Gewalt in meinem Leben gab, war 1997, and ich weigerte mich, zurückzuschlagen, um meinen Punkt zu unterstreichen und hab` dafür ordentlich auf die Fresse gekriegt. Heutzutage würde ich mich nur noch dann prügeln, wenn es keine Gelegenheit zum Weg-rennen gäbe. Hoffen wir mal, dass es so bleibt. Ich war weder in Gewalttätigkeiten verwickelt noch habe ich welche gesehen, seit ich von Philadelphia in den Nordwesten, erst nach Seattle, dann nach Portland, gezogen bin. Einen brutalen Schläger darzustellen war sehr merk-würdig. Mein Leben verläuft eher so wie die Russische Roulette Szene, ich bin zerstörerischer zu mir selbst als zu anderen.

Kommen Kids auf dich zu und sagen „ich will wie du sein`?

Aaron: Sofern Autogramme hierfür ein Indikator sein könnten – ja. Wegen des kleinen Films sind schon einige Kids- so um die 15 Jahre jung- auf mich zugekommen und haben nach meiner Unterschrift gefragt. Bis heute habe ich kein Autogramm gegeben. Ich habe ihnen erklärt, dass ich ein grosser Depp bin und nicht beachtet werden sollte. dass ich in keiner Form von ihnen verschieden bin. Es gibt schon Bekannte und Freunde, die manchmal sagen, dass sie gerne „wie ich` wären oder gewisse Charakteristika „wie ich` hätten. Damit meinen sie aber eher musikalisches Talent oder per-sönliche überzeugungen.

Die Leute sagen dann oft „Oh, würde ich doch nur nichts trinken – so wie du`. Aber ich glaube, dass sie so etwas nur sagen, um ein Interesse an dem., was ich tue, auszurdrücken. Ich meine, die Leute können nicht wie ich sein wollen, auch wenn ich selber niemand anderes sein möchte, ich bin schon stolz auf meine überzeugungen und Dinge, die ich gemacht habe. Ich bin stolz darauf, gegen Alkohol und Drogenmissbrauch gekämpft und die letzten 12 Jahre davon gewonnen zu haben. Ich bin stolz darauf, dass ich keine Tiere esse, stolz auf meine Frau, solz auf mein musikalisches Talent und die Freunde, die mit mir Musik machen.

Was bedeuten Tattoos für Dich?

Aaron: Jeder einzelne hat seine Story, auch wenn es nur Dekoration ist. Ich habe ein paar und will ein paar mehr, als Künstler mag ich Kunst. Meine Haut ist wie ein Photoalbum, mit dem ich mich an unterschiedliche Phasen meines Lebens erinnern kann.

Fühlst du dich von der jedes Jahr neu ent-sehenden sXe Szene entfremdet, weil du älter wirst? Ein paar weise Worte für älter werdende Edger?

Aaron: No, I still finger-point at shows. Ich sage auch immer noch, dass ich straight edge bin, und mein nachname ist offiziell zu „Edge` geändert worden. SE hat mein Leben gerettet, mir Musik nähergebracht, ich habe Freunde gefunden und einen gewissen Stolz entwickelt.

Wenn sich andere Kids heute gleich fühlen, gibt es keinen Unterschied zwischen uns. Weise Worte? Ich glaube nicht, dass ich mit so etwas dienen kann, ich bin nicht weise, sondern nur erfahren. Wenn ich ein Motto haben dann das, dass jeder tun soll, was er möchte, so lange niemand anderes physisch dadurch verletzt wird.

Was bedeutet dir der Film?

Aaron: Es war eine Chance, etwas Neues zu tun. Ich konnte Dave Larso nerven, indem ich meine Textzeilen vergass. Ich habe mit ein paar guten Freunden, be-sondern John P-bone, arbeiten können. Ich war ziem-lich geplättet, dass man mich für diese Rolle ausge-sucht hat, und es war eine Menge Spass.

Ohne Diskussionen einzugehen ist die geilste Textzeile vom Film „what about the kids? fuck the kids“. Dein Kommentar?

Aaron: Das macht schon Sinn, denke ich. Du kannst dich nicht immer um alle kümmern. Es kommt eine Zeit – zumindest in meinem Leben – wo du nur an dich selbst denken musst, wo alles um dich herum nicht ansatzweise so wichtig ist, wie du es immer gedacht hattest.

Man kann nicht ohne äussere Einflüsse leben, aber du darfst dich von diesen nicht bestimmen lassen, oder sie so gross werden lassen, dass sie deine eigenen Ziele verändern. Manchmal regen sich die Leute mehr über die anderen Menschen als über sich selbst auf, Dinge die sie nicht so an sich lassen sollten. Am Ende wird den „Kids` schon gutgehen, mit oder ohne meine Hilfe.

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Interviews: Kommando Friesische Wiese & Papst Jever
Intro: Sebastian

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