Conne Island 20 Yrs Noch lange nicht Geschichte.

Verbrecher Verlag, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin, www.verbrecherei.de

Was für ein abwechslungreiches Buch – spannend, interessant, hintergründig, natürlich politisch und gleichzeitig auch traurig – ganz wie der Laden selber. Dazu später mehr. Das Conne Island ist seit zwei Jahrzehnten ein sozialer Ort für Politik und Kultur in Leipzig – auch wenn er ausserhalb, bzw. von vielen „nur“ als Veranstaltungsladen wahrgenommen wurde passierte hier viel mehr, es wird viel gerungen um die verschiedensten Themen und mit- und gegeneinander diskutiert. Es wird gefeiert, geskatet und die unterschiedlichsten Bands treten auf.

Es wird partizipiert (immer noch jeden Montag Plenum, offen für alle!), Drittmittel werden beschafft – was eben in so einem politischen Kulturort so alles passiert. Genau das wird von den den AutorInnen in dem Buch sehr authentisch erzählt. über die Geschichte mit den bewegten Anfangszeiten (es wird auch noch etwas weiter ausgeholt, Richtung DDR-Punk, cool!) gewurzelt im Antifaschismus, verschiedene Szenen kommen zu Wort.

Und immer wieder geht es darum das unvereinbare zu vereinbaren bzw. zu integrieren. Ob das nun bestimmte Strömungen (des Hardcores bzw. OiPunk) welche einfach nicht wirklich in einen umfassend-alternativen-Politik/Kultur-Kontext passen sind. Oder das der eine Staat genauso gehasst wird, wie ein anderer unreflektiert geliebt wird. Oder das völlige Mainstream-Themen (Fussball) mal eben zurechtgebogen werden. Oder stumpfes Techno-gefeier einen popakademischen überbau bekommt.

Im Conne Island ist das alles möglich, es gibt zwar immer auch die Gegenseite die zum Beispiel schonmal anmerkt das bestimmte Bands einfach sexistisch sind und dort deshalb nichts verloren hätten aber die Leute vom Conne Island sind meisterhafte Erzähler, sie verstehen es ausgezeichnet, sogar aus eklatanten Widersprüchen eine stimmige Geschichte zu spinnen. Dennoch vermittelt das Buch nicht nur den „Mythos Conne Island“ sondern räumt auch mit ihm auf. Was gut ist, beides.

Das funktioniert weil verschiedene Ladengenrationen zu Wort kommen und das Buch eben keiner Linie folgt. Wichtig ist auch das die Leute vom Conne Island immer recht haben und das ist in einigen Fällen traurig das es nach zwei Jahrzehnten immer noch nicht klar ist was in einen umfassend-alternativen-Politik/Kultur-Kontext passt und was eben nicht. Schön wäre wenn man da nicht immernoch auf der Stelle treten würde – oder ist das der Mythos?

Wie auch immer, es gibt knapp 30 Geschichten, von denen zum Glück nur ein paar zu akademisch/wissenschaftlich/popkulturell daherkommen und etwas nerven ob der Hirnwixe den sich die SchreiberInnen da zusammenschreiben… Schwamm drüber. Das Buch ist Broschur (mit einem besonderen Einband wo die wichtigsten Ereignisse jedes Jahres in einer Zeitleiste abgedruckt sind) und hat knapp über 300 Seiten. Und der Preis ist auch günstig, 12.- Euro. Zugreifen. Auf die nächsten zwanzig Jahre! (dolf)

Isbn 978-3-940426-97-0

[Trust # 153 April 2012]