Februar 5th, 2020

Christian Warlich – Tattoo Flash Book, Ole Wittmann

Posted in bücher by Dolf

Prestel/Random House, Neumarkter Str. 28, 81673 München, www.randomhouse.de

Christian Warlich gilt als “König der Tätowierer” und als Urvater der professionellen elektrischen Tätowierung in Deutschland, er lebte zwischen 1891 und 1964 und hatte über 50.000 Kunden in seiner vierzigjährigen Zeit als Tätowierer in Hamburg. Es ist den Verantwortlichen des Museums für Hamburgische Geschichte zu verdanken, die bereits im Jahr 1965 einen großen Teil des Warlich Nachlasses ankauften, darunter dieses Vorlagenbuch – das dieses aktuelle Buch überhaupt erscheinen kann. Laut der Einführung hat es einen “großen kulturhistorischen Wert für Hamburg” und vielleicht auch darüber hinaus. Der Band begleitet eine Sonderausstellung ”Tattoo Legenden. Christian Warlich auf St. Pauli” (2019/2020) die im obengenannten Museum stattfindet.

Zur Einführung gibt es einen Text vom Museumsdirektor Hans-Jörg Czech (alle Texte im Buch sind auch auf englisch übersetzt), im folgenden Beitrag beschreibt dann der Herausgeber die Geschichte von dem Tätowierer aus St. Pauli. Das liest sich unter kulturhistorischen Gesichtspunkten ziemlich interessant und kurzweilig, es sind auch nur knapp ein dutzend Seiten mit vielen interessanten und aufschlussreichen Fotos und Illustrationen. Am meisten hat mich persönlich ein großes Fotos beeindruckt in dem zu sehen ist, wie Warlich mit seiner “Wundersalbe” ein Tattoo entfernt, zusammen mit der kompletten Haut, so das dort ein richtiges Loch entsteht (leider wird darauf nicht näher eingegangen…) aber nicht nur mit Hygiene hatten sie es damals nicht so genau. Nach eigenen Angaben tätowierte Warlich: „Alles, was der männliche Körper ausdrücken soll […] Politik, Erotik, Athletik, Aesthetik, Religion, in sämtlichen Farben, an allen Stellen“ Das waren dann vor allem: Anker, Schmetterlinge und Dolche, Rosen und flammende oder durchbohrte Herzen, Totenköpfe sowie Würfelbecher, Spielkarten (Des Mannes Ruin). Löwen, Panther, Adler, Engel, Hula Hula Mädchen….. da es ja ein wissenschaftliches Buch ist, steht da auch folgendes: “Dieses Vorlagenbuch enthält auch künstlerische Darstellungen und Illustrationen von People of Color aus unterschiedlichen Kontexten (u.a. Native-American Kulturen, pazifischen Kulturen und orientalisierende Abbildungen), die sich auf problematische und irreführende Stereotypen, Generalisierungen und Exotisierungen stützen.” Prima das dies geklärt wurde. Soweit also der toll gemachte und kulturhistorisch zu lesende Teil des Buches, der andere Teil ist eben ein facsimile seines Vorlagenbuchs. Mir stellt sich beim ansehen der Motive die Frage ob der “Künstler” nicht besser zeichnen konnte oder ob er die Motive absichtlich so schlecht zu Papier brachte damit die Kunden dann nicht enttäuscht sind, wenn das Ergebnis auf der Haut nicht so aussieht wie auf der Vorlage – keine Ahnung ob es mit den damaligen “Tattoo Guns” möglich war so zu arbeiten wie mit Stift oder Pinsel. Im Ernst, König hin oder her, viel zeichnerisches Geschick hatte er nicht, aber das war den Kunden damals wohl egal – es gab ja kaum Alternativen. Und es gibt heute immer noch Leute die sich so was stechen lassen…. weil es Kult ist. Tauchen wir da nicht zu tief weiter ein, aus kulturhistorischer Sicht sehr interessant, für Menschen die sich für so was interessieren. Ansonsten kann das weg. Über 100 Seiten, gebunden, 32 x 25 cm. 38,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3791358963

[Trust # 199 Dezember 2019]

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