April 23rd, 2020

ANTENNA (#173, 2015)

Posted in interview by Thorsten

Pöbeljazz mit Herz und Verstand

AΗTEΗHA, das sind Jonas, Mirko, Diez und Häbba aus Dortmund-nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht alt, welche ich zum ersten Mal auf der Album Release Show des Akustik-Schrei-Punk-Projektes NO SURPRISING NEWS im feinen UntenLinx live sehen konnte. Mein Interesse an der Band entstand zunächst nicht etwa, weil ich von denen vorher schon mal was gehört hätte, sondern aufgrund ihrer Ankündigung auf einem Flyer: Pöbeljazz aus Dortmund. Was hatte ich unter Pöbeljazz zu verstehen? Der Auftritt der Band machte dann klar, wie das gemeint ist: Eher vertrackte, emo-lastige Musik und wenig an der Songstruktur orientierte gesprochene, geschriene und gemeckerte Texte mit kritischem bis nachdenklichem Inhalt. Aber nicht nur das war sympathisch, sondern auch der Umgang mit einer defekten Soundanlage, welche nicht etwa zu frustrierten Gesichtern unter der Band oder Stimmungsabbruch beim Publikum führte: Sänger Jonas pöbelte einfach so weiter-ob er verstanden wurde oder nicht, war egal-Gitarrensound und mitreißende Laune der Band führten dazu, dass einfach alle ins enge Wohnzimmer des UntenLinx gequetschten gefühlten 80 Leute mitschrien und tanzten. Musik und Band hinterließen also einen positiven Eindruck, dann wohnen die auch noch um die Ecke-gute Gründe sich für ein nettes Gespräch in der quasi natürlichen Umgebung der Jungs zu treffen, in welcher diese die Nacht zum Tag und die örtliche Dortmunder Nordstadt- Musikszene ein bisschen lauter und bunter, aber nicht elitärer machen wollen.

Hallo. Stellt euch doch mal kurz vor, niemand kennt euch, Ihr hab drei Zeilen, um der Welt zu erklären, wer Ihr seid und was Ihr macht.

Mirko: Da muss ich mich sammeln. Ich glaube wir sind vier recht heterogene Leute, die alle irgendwie aus anderen musikalischen Kontexten kommen, auf dieses Punk DIY Ding stehen und musikalisch vielleicht ein bisschen was anderes machen, als so die meisten anderen irgendwo.

Ich hab euch zum ersten Mal auf der Release Show von NO SURPRISING NEWS live gesehen und fand es sehr interessant, dass Ihr als „Pöbeljazz“ aus Dortmund angekündigt wurdet. Beschreibt mal dieses Konzept „Pöbeljazz“.

M: Eine gute Freundin von mir hat es mal so beschrieben: Ihr macht diese filigrane Musik, die irgendwie startet, einigermaßen fitte Musiker. Die setzen ein, dann hast du eine halbe Minute Musik und die Leute hören hin. Und dann kommt Jonas. (lacht) Und macht eigentlich genau das Richtige, nimmt dieser filigranen Musik die Romantik und setzt da seine angepissten Texte drüber. Und ich glaub die Mixtur ist ganz spannend im besten Fall.

„Da sind auch keine guten Ratschläge drin, die die Welt jetzt irgendwie besser machen sollen. Da ist halt einfach nur mein blödes Gesabbel“

Jonas, kannst du ein bisschen näher beschreiben, was Du als Texte da drüber setzt?

Jonas: Das kann sehr unterschiedlich sein, wenn man z.B. wie bei dem Song ORLOF, der einen relativ jazzigen Teil hat, da meckere ich einfach nur drüber, bleibe nicht im Schwung, da wird nur was drüber gerotzt. Das liegt vielleicht so ein bisschen an meinen Punk Wurzeln, ich hab schon immer so die Texte geschrieben. Ich kann auch nur so die Texte schreiben. Es macht mir Spaß und ich könnte jetzt auch nicht irgendwas schreiben, was mich so gar nicht betrifft, dann würde ich mich nicht so dahinter setzten, wenn ich jetzt so Sachen schreiben würde wie: Ich sitz gerne auf der Wiese und find das Wetter immer so schön. Wenn mich was anpisst, dann schreib ich das halt ganz gerne runter. Oder wenn mich was traurig macht. Eins von beiden. Ich finde Wut ist eigentlich immer ein ganz guter Kanal. Ich schreibe aber auch ganz gerne mal aus der Sicht von anderen Leuten, mit denen ich gesprochen habe, wo ich etwas nachempfinden kann. Wenn man das dann über die Musik legt, dann finde ich das immer ganz gut. Am Anfang ist mir das relativ schwer gefallen, weil die Musik an manchen Stellen so vertrackt ist, dass ich mir dachte: Ok, wo willst du da jetzt singen? Was willst du dazu jetzt machen? Das hat sich aber irgendwann eingespielt. Ich meine, klar, man könnte da jetzt irgendwelche Melodien drüber setzen noch zusätzlich, aber ich mache die Texte jetzt einfach ein bisschen plump darüber (lacht). Einfach so ein bisschen mehr Rotz da rein geben. Wir machen gerne anspruchsvolle Musik, aber wir wirken ganz ungern wie komische, elitäre Kacknasen. Es muss jetzt auch keinen interessieren. Da sind auch keine guten Ratschläge drin, die die Welt irgendwie besser machen sollen. Das ist halt einfach nur mein blödes Gesabbel. Ich kann viele Leute verstehen, die sowas kritisieren und dass in der Szene dann gesagt wird: Solche Musik ist dann vielleicht ein bisschen zu unpolitisch. Aber ja, dann, Sorry. Pech gehabt. Klar sind da auch gesellschaftskritische Sachen bei, wenn man sich ein bisschen damit befasst, aber ich kann diesen Kritikpunkt schon verstehen.

Wofür braucht die Welt AΗTEΗHA Nennt mal drei gute Gründe, hierarchisch absteigend sortiert.

J: (lacht) Brauchen gar nicht.
M: Wofür braucht die Welt DIY Punk Bands? Ich glaube erstmal vielleicht um einen Kontrapunkt zu setzen zu Musik, die man kennt aus der Werbung, oder aus dem Radio oder woher auch immer. Um zu zeigen, dass Musik auch anders geht. Zu zeigen, dass man nicht ausschließlich Musik machen muss um zu gefallen. Dass man auch Musik machen darf um anzuecken. Und das Dritte wäre dann sicherlich, dass es auch im Zweifel keiner braucht (lacht).

Was macht die Idee von DIY für euch, für die Band aus?

J: Ich finde es z.B. wichtig, dass dieser ganze Bandkontext, also Show spielen, selber organisieren auf jeden Fall dazu gehört. Es gibt ja auch Bands, die sich bei einer Bookingfirma unter Vertrag nehmen lassen und dann nicht mehr in den AZs spielen, weil die Booker halt noch 500€ zusätzlich haben wollen. Die sich dann aus dem Kontext entfernen und ich glaube, dass das z.B. ne Sache ist, die bei uns nicht in Frage kommen würde. Nichts generell gegen Booking Firmen, aber es muss in einem gewissen Rahmen bleiben. Wie Mirko grade schon sagte, dass wir das machen können, was wir gut finden. Wenn wir sagen, wir haben Lust da zu spielen, dann spielen wir da. Wenn wir sagen, das kommt uns irgendwie blöd vor, machen wir es halt nicht.
M: Man möchte das damit auch in eigener Kontrolle halten, bestimmen wie man aussieht, bestimmen wie man sich vermarktet. Was ja schon ein bisschen das Paradoxe daran ist, weil das ja alles eine unkommerzielle Geschichte ist. Als Band zahlst du ja in der Regel erstmal nur drauf. Also wir zahlen wirklich die ganze Zeit drauf. All unser Geld geht in die Band. Das ist echt unmöglich eigentlich, aber wir wollen dafür auch eigentlich gar nichts wieder haben. Das ist schon ok. Das war der Plan von Anfang an und deswegen kalkulieren wir auch so (lacht).

Wie kommt euer Name zustande und warum schreibt Ihr ihn auf Kyrillisch? Wollt Ihr mit eurem Wissensvorsprung angeben oder gibt´s gute Gründe dafür?

M: Wir hatten irgendwie nach einem bekackten Bandnamen gesucht, was mit die undankbarste Geschichte ist von vielen undankbaren, die man als Band irgendwie zusammen stemmen muss. Und wir haben eine Affinität zu diesem russischen Kram.
J: Wir wollen mit unserem Wissensvorsprung angeben (lacht). Ich finde es ist einfach eine schöne Schrift.

Ihr arbeitet auf eurer Bandcamp Seite, aber auch auf eurem Plattencover mit viel Symbolik. Auf der Bandcamp Seite sieht man aktuell eine abhebende Rakete. Was hat das mit euch zu tun?

M: Ich fand immer schon die Symbolik aus der UDSSR, diese Kosmonauten, also auch von Plakaten, wie das beworben wurde, einfach schön. Wir haben überlegt, ob wir damit spielen wollen und dann haben wir kein Cover für das Ding gehabt und haben uns gedacht: So eine Rakete ist schon ganz cool. Aber AΗTEΗHA ist erstmal AΗTEΗHA und ich mag bei dem Bild diese Sender-Empfänger Metaphorik dahinter. Wir haben alle ein Fabel für kaputte Sowjet-Propaganda mit kaputten Raketen oder Instrumenten, die nur noch rosten und eigentlich gar nichts können, nur stark aussehen.
J: Es war jetzt nicht so: Hey, wir sind eine Band und starten jetzt voll durch (lacht). Nein, so war es auf jeden Fall nicht gemeint. Es war einfach: Wir spielen jetzt damit und dann haben wir ein schönes Bild geklaut und reingestellt, war halt eine Demo.

Gibt es etwas an dem Ihr euch orientiert? Was hat euch und eure musikalische Entwicklung beeinflusst?

J: Ich hab mit Deutschpunk angefangen. Richtig platt und dann wurde der Anspruch ein bisschen höher. Ich hab früher z.B. viel MUFF POTTER gehört und dann selber angefangen Musik zu machen und auf jeden Fall immer versucht mir daran ein Beispiel zu nehmen. Aber wenn man sowas macht, dann schreibt man nur die Texte nach und keine eigenen Texte. Ja klar, irgendwie sammelt man immer ein bisschen Inspiration und irgendwann kommt man darauf so eigenen Kram zu schreiben. Weg vom platten, also sagen wir mal so von SCHLEIMKEIM zu MUFF POTTER.
M: Ich wurde früh sozialisiert durch Screamo Geschichten, habe z. B. damals die Band YAGE gefunden, deren Texte ich aufgesogen hab. Ich glaube ich und die Leute um mich herum haben uns eigentlich, wenn es um solche Sachen wie DIY, Straight Edge, No Gods No Masters geht, immer das rausgepickt, vom dem wir dachten, das wär richtig. Ansonsten sind wir aber auch alle leidenschaftliche Biertrinker und die meisten von uns rauchen auch ganz gerne. Ich glaub was den eigenen Körper anbelangt, kann jeder machen was er will. Mir ist wichtig, dass man halt die anderen Menschen in Ruhe lässt. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass ich Philosophie studiert hab. Ich hab da generell immer so einen philosophischen Aspekt hinter gesehen. Für mich waren z.B. früher die Texter bei den amerikanischen Screamo Bands immer so Philosophen. Weil ich so jung war und die ganz viele Fremdwörter benutzt haben. Und ich das total spannend fand. Das war für mich so eine ganz geheime, intime, anonyme Welt. Das hat mich fasziniert.

Was macht Ihr sonst so im Leben?

M: Ich studiere seit Ewigkeiten Philosophie und Musik. Es sieht aber so aus, dass das jetzt aufhört, weil ich mich als Gitarrenlehrer selbstständig mache. Projektemäßig bedeutet das, dass ich mir mein ganzes Leben lang immer viel Freizeit eingeräumt hab und ganz viel Musik gemacht hab. Jonas macht jetzt grad nochmal eine Ausbildung zum Heimerzieher, Häbba ist Asozialarbeiter. Diez studiert irgendwas mit Kultur.

Was gab es für Projekte vor AΗTEΗHA

J: Ich hab bei WILLY FOG gespielt. Das war so eine Emo/Postrock Band. Die hat sich leider gerade aufgelöst. Diez war bei DEATH FLASH FASHION und ENDNOTE.
M: Ich hab über 7 gute Jahre eine kleine Screamo oder Hardcore Combo gehabt, die hieß FACED MOMENT, zu der 2007 dann auch Häbba zugestoßen ist. Dann hab ich 2009 Häbba noch bei FAVORIT PARKER ins Boot geholt. Auch eine kleine Emopunk Geschichte. Dann haben wir Ende 2013, weil wir Bock auf was Neues hatten, Diez, unseren Schlagzeuger, dazu geholt und dann Jonas als Sänger. Der saß dann erstmal relativ überfordert über 2 Monate dabei. Wir haben allerdings dann auch schon im April eine erste kleine Show gespielt.

Wer ist der Kopf eurer Band? Wer das Herz? Wer der Verstand? Und gibt es jemand, der nur für das gute Aussehen zuständig ist?

M: (lacht) Ich glaub Herz haben wir alle. Ich glaub bloß der ein oder andere hat ein bisschen weniger Verstand. Und gut und schön sind wir alle auf unsere Weise. Wichtig ist, dass wir alle wahnsinnig genug sind, um ganz viele Sachen auszuprobieren und dass es einfach egal ist, ob wir damit irgendwen mitziehen oder nicht. Wir haben definitiv im Proberaum irgendwie den einen der eher leidenschaftlich diskutiert und den anderen, der dann verkopfter, rationaler ist, grad wenn wir über politische Themen diskutieren. Ist ja jetzt nicht so als wären wir unpolitisch. Also wir reden ganz viel über politischen Kram und streiten auch viel usw. aber aufteilen kann man das glaub ich nicht.

Worüber diskutiert Ihr denn konkret? Und wo seid Ihr euch einig?

J: Wir diskutieren bei allen Sachen. Es funktioniert nichts ohne Diskussion bei uns.
M: ich find´s erstaunlich, wie uneinig wir uns in vielen Dingen sind, eben auch bei Sachen, die nichts mit Musik zu tun haben. Aber auch alles, was das Band-Organisatorische anbelangt, Design und Logo und so ein Kram. Das gilt auch bei gesellschaftskritischen Dingen. Das meinte ich anfangs mit heterogen. Wir sehen natürlich alle aus wie der „Szeneklumpatsch“ irgendwo und grundlegend sind wir uns in vielen Dingen einig, aber es gibt ganz viele Punkte, wo man bei den anderen aneckt und das ist auch wunderbar. Find ich gut so.
J: Dem sind sich aber alle bewusst, dass es immer was zu diskutieren gibt bei uns und man sich mal in den Karren fährt. Und ich weiß ganz genau, wenn ich z.B. etwas anbringe, dann ist irgendwer auf jeden Fall dagegen, aber es ist mir egal. Man weiß es halt und deswegen ist es nicht schlimm. Da fühlt sich auch keiner persönlich angegriffen. Wir sind, was das angeht, leidenschaftliche Leute und dann kommt es mal zu Reibungen und dann diskutiert man viel. Mal in einem netten Ton, mal in einem gemeinen Ton. Also was heißt gemein, in einem etwas raueren Ton. Pöbeln halt.

Kommen wir mal zum Nähkästchenabteil. Was ist der am häufigsten gebrauchte Satz bei euch im Proberaum?

M: „Alter“! Ja, tatsächlich. Als Satz, als Ausspruch, als Ausruf der Freude, als Ausruf des Frustes. Die Supervokabel (lacht).
J: Ist das mein Bier oder steht das schon länger hier? (lacht)

Was ist so los in der Dortmunder Musikszene? Gibt es sowas überhaupt und wenn ja wo seid Ihr hier verortet?

J: Ja, eine Dortmunder Musikszene gibt es auf jeden Fall. Es gibt die Leute, vor allem jüngere Leute, die screamo-mäßig unterwegs sind. Aber das Meiste ist schon im Deutschpunk Bereich angesiedelt. Und dann gibt es das SPASTIC FANTASTIC FEST im FZW öfter mal. Das Label ist hier auch ansässig. Die Dortmunder Szene ist nicht so groß, wie andere Szenen vielleicht. Jetzt gibt es mehr als früher, als es Locations wie den Nordpol noch nicht gab. Da hatte „die Szene“ gar keinen richtigen Ort. Wenn du spielen wolltest, konntest du entweder woanders im Pott spielen oder eine Proberaumshow in diesen Proberaum-Bunkern machen. Ansonsten ging nirgendwo was. Du konntest auch nirgendwo was organisieren, weil das nächstgrößte war das FZW und da kannst du keine DIY-Punkshow machen.
M: Oder das UntenLinx, was halt auch nur für Eingeweihte ist und auch schon wieder zu klein für die Menge an Leuten. Genauso wie die Proberaumshows. Schon interessant, dass die Mukke mit den Auftrittsmöglichkeiten steht und fällt.
J: Wenn wir jetzt aus Dortmund kommen, eine Band gründen und niemanden kennen würden, dann hätten wir, was Konzerte spielen angeht, eigentlich gar nicht so den Anschluss. Wenn es diese Sachen wie den Nordpol nicht geben würde, dann wüsste man einfach nicht wo man spielen sollte. Dann kann man mal im Emo Keller in Essen ein Konzert spielen. Dortmunder Bands haben früher dann irgendwo anders gespielt, aber nicht in Dortmund. Und sind dann auch nur rausgekommen, weil sie die richtigen Leute kannten. Ansonsten ist die Szene aber auch wirklich klein. Wie sind wir da verwurzelt? Die meisten sind halt eh immer zusammen oder befreundet. Da ist dann ein Konzert, und du weißt genau, dass da 50 von deinen Freunden, oder eben Leute, die du kennst, da sind. Ist nicht anders als auf´m Dorf. Dortmund ist ja auch nicht so groß. Hat nur viel Fläche (lacht).

„Sich einfach von allem frei zu machen und sich das raus zu picken was man selbst für richtig und sinnvoll hält. Offen für alles sein“

Gibt es Begegnungen mit der Szenepolizei?

M: Als Band derzeit noch nicht, aber persönlich häufiger schon und ich bin ja auch gern Szenepolizist auf meine Weise. Ich find´s auch gut und wichtig, dass das ein paar Leute für sich beanspruchen. Ich hab überhaupt gar nichts gegen Szenepolizisten. Auf der anderen Seite finde ich es auch wichtig, dass man sich im Zweifel nichts davon annimmt, dass man sich da nichts sagen lässt. Ich finde so eine Auseinandersetzung aber ganz gut, weil das ja auch nichts anderes als eine wissenschaftliche Debatte, die da geführt wird ist. Verschiedene Leute gestalten diverse Thesen und tauschen die aus. Und dann gibt’s Streitpunkte. Manche setzten ihre Werte oder Ideale eben verbal aggressiver durch, oder durch körperliche Präsenz, indem sie laut werden, viel mit ihren Armen rumfuchteln, weiß der Geier was. Mich hat das früher eingeschüchtert, aber das ist vorbei. Ich denke nach wie vor, es ist gut, sich von Allem frei zu machen und sich das raus zu picken, was man selbst für richtig und sinnvoll hält. Offen für alles sein. Sich immer alle anhören. Und selbst wenn ich in der Rolle des Szenepolizisten bin, dann spielt Gutherzigkeit eine große Rolle. Ich glaube, wenn Szenepolizei nervt, richtig nervt, dann wegen so einem denunziatorischen Faktor. Sowas wie: Auf wen können wir denn als nächstes den Finger zeigen? Und das ist eine Sache, die gar nicht geht.

Was ist euch im Nachhinein richtig peinlich, z.B. in Bezug auf Vorgängerbands oder Verhalten auf Konzerten?

M: Ich würd sagen tatsächlich glücklicherweise gar nichts. Alles richtig gemacht (lacht). Wir haben mal mit FAVORIT PARKER, weil klar war, wir würden 150 Euro bekommen und wir das Geld bitter benötigten, wie gesagt wir stecken ja all unser Geld in die Band, und damals hatten wir echt niemanden in der Band, der irgendwas finanziell stemmen konnte, auf einem Stadtfestival gespielt um halb 10 vor sechs 7-jährigen Kindern. Und das ist vielleicht das Unangenehmste, was in Erinnerung ist. Aber letztendlich ist das Ganze ja auch Spaß. Also meine Güte.

Und jetzt noch eine interessante Geschichte aus dem Dortmunder Nordstadt Musikthekentratsch, bitte.

J: Der Robert von NO SURPRISING NEWS ist gar nicht so gut im Fußball wie er immer erzählt (lacht). Ne, da fällt mir sonst grad nichts zu ein. Interessiert mich auch nicht so.

„Grundbedingung ist, kein Arschloch sein und Traumvorstellung ist, nicht als Arschloch wahrgenommen zu werden“

Wo soll´s hingehen mit AΗTEΗHA Gibt es Ziele? Wie wollt Ihr wahrgenommen werden?

J: Was heißt wo wollen wir damit hin? Also das Hobby nicht nur im Proberaum ausleben, sondern auch viel spielen. Es macht ja nicht nur Spaß live zu spielen, es ist auch schön, neue Leute kennen zu lernen, in andere Städte zu fahren, da Leute, die man vielleicht schon kennengelernt hat, wiederzusehen. Einfach Musik machen. So abgedroschen sich das jetzt anhört.
M: Soviel Zeit man im Proberaum verbringt und so viel Spaß wie man auch daran hat, kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo es auch schön ist, das zu teilen und sich Feedback zu holen. Jede Band spielt gerne live und steht gerne auf der Bühne und freut sich über Dankbarkeit und nichts anderes wollen wir auch. Bei dem, wie wir wahrgenommen werden wollen, finde ich einen Gedanken ganz schön: Ich bin durch meinen großen Bruder sozialisiert worden, der Platten von YAGE oder so etwas hatte und habe seine Sachen mitgehört, was mich natürlich beeinflusst hat, wie ich schon sagte. Und dann eben dieser vielleicht äußerst romantische Gedanke, dass unsere Platte bei einem kleinen Geschwisterchen landet, das vielleicht dadurch erst den Zugang zu so einer Musik bekommt. Dass man zur Sozialisation beiträgt, wie das für uns andere Bands gemacht haben.
J: Ich finde wir geben bei den Sachen, die wir tun und wie wir die Songs schreiben nicht unbedingt einen Deut darauf, wie das Andere finden und dann sollen uns die Leute eben so wahrnehmen, wie sie wollen. Das kann positiv oder negativ sein, aber wir zielen nicht auf irgendwas ab. Wir machen worauf wir Lust haben, was wir gut finden, was wir wollen. Klar- so ein bisschen anecken wollen wir schon. Das wär ja gelogen, dass uns das jetzt völlig egal ist. Aber wir freuen uns genauso darüber, wenn jemand sagt: Boar, das find ich total cool, wie wir uns darüber kaputtlachen, wenn jemand sagt: Mit so einer Scheiße kann ich nichts anfangen.
M: Darauf, wie man wahrgenommen wird, hat man ja schlussendlich kaum Einfluss. Ich glaube, dass uns das allen mittlerweile egal ist, weil das nicht mehr unsere erste Band ist. Weil wir vielleicht nicht das erste Mal in diesem oder jenen AZ spielen. Wir waren schon mal in diesem oder jenen AZ und dementsprechend sind wir auch nicht mehr so nervös vor Fehltritten oder sowas. Ich glaub das Beste was jede Band nur machen kann, ist so bleiben wie sie ist. Sich nicht verstellen, schon gar nicht auf der Bühne. Und dann ist erst mal alles gut. Also Grundbedingung ist kein Arschloch sein und Traumvorstellung ist, nicht als Arschloch wahrgenommen zu werden. Aber das ist auch das Problem. Sobald du eben auf der Bühne stehst, nimmst du eben unvermeidlich eine Rolle ein. Du kannst dich auch gar nicht dagegen wehren.

Wann, wie, wo kommt euer Album raus? Wann und wo kann mensch euch live sehen?

J: Das Album kommt wohl im September bei lala Schalplatten, Tanz auf Ruinen und My Name Is Jonas raus. Ansonsten steht nichts Großes an. Platte rausbringen und Tour im Oktober. Ist noch nicht ganz fertig geplant, aber die Tourdaten stehen schon.
M: Im Augenblick machen wir Sommerpause. Haben wir uns verdient. Wir haben viel Zeit im Proberaum verbracht. Ganz viel scheiß-stressige Diskussionen geführt, über Cover usw. und jetzt machen wir zwei Monate Pause einfach und dann wird alles super.

Vielen Dank für das Gespräch.

Kontakt und Demo:

https://de-de.facebook.com/antennaemo

https://antennapunkband.bandcamp.com/releases

Sabrina Schramme

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