März 7th, 2007

13&GOD (#111, 06-2005)

Posted in interview by benni

Angenehm antisozial

Ich erwähnte es bereits in den Reviews in den letzten Ausgaben: 13&God sind das gemeinsame Balg von der Notwist-Clique und der Anticon-Posse, namentlich Notwist und Themselves. Ein avanciertes HipHop-Verständnis und ein ebensolches von, tja, von was eigentlich?

Von Song, von Pop, hervorgegangen aus Rock, erweitert um Jazz und Elektronik. Oakland und Weilheim. Nachdem man sich schon mit ein paar Remixen gefällig geworden war, gab es im Herbst letzten Jahres Single inkl. Hrvatzki-Remix, jetzt kommt das Album. Wie es dazu kam, auf welcher Basis man sich verstand und versteht, was da noch kommen wird, galt es zu besprechen, weshalb ich Adam „Doseone“ Drucker von Themselves ein paar Fragen schickte.

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Ich habe neulich mal auch in Bezug auf Anticon was von Indie-HipHop gelesen. Andererseits habt ihr eine starke Neigung zu eher avantgardistischer Elektronik in einem Warp-Sinn. Was bedeutet HipHop für euch?

Adam: Jedes Genre ist im besten Fall a guestimation davon, wie eine Musik aus zwei Blocks Entfernung klingen wird, wenn sie auf einer Autoanlage läuft… Davon abgesehen führt einen der Gebrauch von Genres als Mittel, sich tiefer in die Musik zu graben wahrscheinlich in eine Sackgasse. Oder zu einer Blackeyed Peas/Aerosmith-Platte… Oder Wyclef und Sting…

Wenn ich mich recht entsinne, kommt ihr nicht ursprünglich aus der Bay Area. Warum zog es euch dorthin?

Adam: Es ist besser als New Jersey, wo ich aufgewachsen bin. Gute Leute, gutes Essen, hohe Mieten… Es gibt einen starken Magneten unter dieser Stadt. Und wie jede grosse urbane Region zieht sie Menschen an von wo sie festsitzen und ausschwärmen.

Okay… Wie habt ihr The Notwist kennen gelernt? Ich würde mal sagen, dass sie nicht nur weit weg wohnen, sondern auch aus einer anderen Generation und einem etwas anderen musikalischen Universum kommen.

Adam: Ja und nein. Sie sind von der und zur Musik getrieben wie wir. Und unser beider Musik hat die Veranlagung gezeigt, von einem Haufen Songs zum nächsten zu wachsen. Was uns als Menschen ähnlich macht, ist so ziemlich alles. Wir haben merkwürdig ähnliche Plattensammlungen und haben ähnliche Vorstellungen von Unabhängigkeit und Arbeitsethos.

Und es ist wahrscheinlich unsere vorab existierende Tendenz, ohne Vorbehalte mit anderen Musikern zu arbeiten, die mich und Markus sofort miteinander warm werden liess. Es hat auch nicht geschadet, dass wir äusserste Notwist-Fans sind, und Markus ist mit ähnlicher Leidenschaft Fan von Themselves. Unser Zusammentreffen ist in der Tat ein Beispiel für Menschen-Magnetismus.

Ihre „philosophische“ Herangehensweise ans Musikgeschäft ähnelt eurem?

Adam: Ja, sowohl ästhetisch als auch ethisch. Sie machen die Musik, die sie machen müssen. Im Gegensatz dazu, Songs mit einem Vertrag im Kopf nach einem Code zusammenzubasteln. Und sie haben ihre Zeit in Duesville auf Nachtclubbühnen weit länger gedient als wir. Das Wichtigste ist, dass sie neben ihrer Musik geblieben sind.

Nicht draussen, davor, mit Flaggen, oder dahinter, mit Ski-Maske und einer massiven Mauer aus Plug-Ins. Ich schätze unsere Songs sind Funktionen unserer Leben und nicht so sehr unserer Karrieren. Passion versus pusher. Und wir sechs sind alle erfreulich antisozial oder neurotisch, haben alle die Chemie von freigelassenen Schlafzimmer-Musikern. Menschen zu treffen, die aus einer ganz anderen Welt kommen und gehen oder hinken oder schlafen wie du, lässt dich auf andere Weise realisieren, dass du nicht allein bist.

Wie habt ihr zusammen gearbeitet? Das alte Dateien-um-die-Welt-Schicken-Spiel?

Adam: Es gab ein wenig Postverkehr am Anfang. Drei Notwist-Demos, drei Themselves-Demos. An diesen Demos wurde separat gearbeitet, bis sie zu 80% fertig waren. Als wir dann zusammenkamen, verbrachten wir jeden Tag damit, diese Songs fertigzumachen und dann den Rest.

Und beide Seiten des Prozesses waren notwendig und perfekt dafür. Die Gegenwart so vieler guter Musiker an einem Ort erlaubt dir, zurückzutreten und etwas Klarheit darüber zu haben, was du am besten kannst. Und die Chance, sich zu entspannen erlaubt dir auch, es in die richtige Richtung laufen zu lassen. Es gab also soviel Zuhören wie Spielen, als wir alle zusammen waren. Ein wenig Bier wurde auch getrunken, darf ich noch hinzufügen…

Wie lief es bei den Texten? Die scheinen eher die „Anticon-Handschrift“ zu tragen.

Adam: Markus und ich haben ein paar der kürzeren Songs zusammengeschrieben. So dass alles eine ähnliche Richtung bekam. Die Art wie ich schreibe, basiert auf einer gewissen und persönlichen Abfolge. Die Art, wie ein Gedanke in ein Gefühl eskaliert. Oder wie ich mir wünsche, die Gedanken wären klar, wenn sie kommen. Manchmal ist es ein einziges Bild, manchmal eine ganze Einkaufsliste von Dingen, die ich aus meinem Körper und Geist herausschaffen muss. Lineares Geschichten erzählen aufregend zu finden, finde ich schwierig.

Ich habe keine aufregenden Geschichten von mir selbst, die es Wert ist, für alle Welt in einen Song eingefroren zu werden. Ich präge lieber reflexive Slogans für mich selbst und geliebte Menschen, um damit zu leben. Oder die ich einfach ironisch oder inspirierend finde, wenn die Zeit richtig ist. Und es ist auch Prosa. Manche Zeilen muss man also allein und im Kontext lesen. Verschiedene Bilder, die sich selbst vervollständigen und dann ein Gedicht als Ganzes vollenden, wenn sie in ihrer bestimmten Ordnung oder Abfolge sind.

Werden wir in Zukunft mehr aus Weilheim/Oakland hören?

Adam: Oh ja, wir werden in den nächsten Monaten als 13&Gangstergod touren. Und wir werden noch eine Platte zusammen machen. Und noch eine. Und noch eine. Du kannst eine transatlantische Freundschaft nicht aufhalten, wie man so sagt“

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Interview: stone

13 & God auf MySpace
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