Afrika ist kein Land – Dipo Faloyin
Piper, Damaschkestraße 4, 10711 Berlin, www.piper.de
Das Buch ist bereits 2023 erschienen, mir aber anscheinend durchgerutscht und wurde mir später von meiner Cousine empfohlen. Nun kam hier die 6. Auflage von 2024 an und hätte ich gewusst das der Autor bei Vice arbeitet und bei seiner Danksagung am Ende zuallererst schreibt: „ Gesegnet sei Gott, ihm dient mein größter Dank.“ hätte ich mir vielleicht überlegt das Ding überhaupt in Betracht zu ziehen. Aber ersteres erfuhr ich erst beim lesen und zweiteres dann am Ende. Es gilt ja Religionsfreiheit, keine Frage, aber… lassen wir das mal weg. Es ist schon traurig genug wie sich „Afrika als Land“ in vielen Köpfen verankert hat, dabei ist es, wenn überhaupt, ein Kontinent mit mehr als 1,4 Milliarden Menschen, 54 Länder und über 2.000 Sprachen.
Und natürlich viel mehr als nur „Hunger, Safaris und brutale Diktatoren“ wie es oft in der globalen Wahrnehmung stattfindet. Dagegen geht diese Buch, zurecht, an um zu informieren das es in Afrika unter anderem auch urbanes Leben sowie lebendige zivilgesellschaftliche und demokratische Bewegungen gibt. Aber es gab eben auch die Kolonialzeit und da wurde von den Europäern in Afrika unglaublich viel Leid erzeugt das teilweise bis heute nachwirkt. Immer dann wenn Floyin sich an die historischen Fakten hält und beschreibt was damals alles geschehen ist und wie die „zivilisierten“ Europäer sich eigentlich in Afrika aufgeführt haben wie die dort vermeintlichen „wilden“ ist das Buch am besten. Es wird zwar oftmals nichts neues erzählt, aber man kann die Geschichte auch nicht oft genug erzählen, insofern geht das schon ok. Auch sehr gut finde ich den Teil wo es gegen die ganzen „weißen Retter“ geht was in vielen Fällen auch nur eine andere Art von Kolonialismus ist. Das muss in der Form aufhören Nowhitesaviours (das es dann natürlich Stimmen gibt die genau dieser Bewegung vorwerfen das sie mit dem Protest gegen das weiße Charity Business Geld verdienen wäre einen eigenen Artikel wert…) Aber der Autor erzählt auch von heutigen Ländern in Afrika, von Diktaturen und von Demokratien und er verschweigt auch nicht das natürlich auch in vielen Ländern Afrikas einiges schief läuft – was jetzt nicht weiter überrascht, weil halt die Menschen überall Menschen sind. Ob das immer alles mit der Kolonialzeit zu erklären oder zu entschuldigen ist, ist zu bezweifeln, aber auch nicht von der Hand zu weisen. Wenn man überlegt was allein die willkürlichen Grenzziehungen für Probleme verursacht haben und das immer noch tun. Da man aber die Zeit nicht zurückdrehen kann weiß eben auch kein Mensch wie sich die verschiedenen Königreiche, Gegenden, Clans, Ethnien ohne die schrecklichen Übergriffe der Europäer entwickelt hätten. Und die Zeit vor der europäischen Kolonisation wird leider gar nicht erwähnt. Nervig finde ich es immer wenn Faloyin in diesen Jugenkultur-Millenials-Vice Schreibstil wechselt, das ist zwar ok und inhaltlich auch gut, ich finde das aber nicht so passend in so einem Buch. Andere werden genau das als Abwechslung toll finden. Wie auch immer, zum Glück erwähnt er dann auch ausführlich die ganze Kultur die von den Europäern in den verschiedenen Gegenden Afrikas gestohlen wurde und sich zu 90% immer noch in Europa befindet, von wegen Restitution, da sind wir noch sehr weit davon entfernt. Und das es keinen Afrikanischen Akzent gibt sollte eigentlich so klar sein wie das es auch keinen Europäischen Akzent gibt. Im großen und ganzen ist das Buch gut, erfüllt seinen Zweck, aber wenn ich die Wahl zwischen diesem und Zeinab Badawis „Eine Afrikanische Geschichte Afrikas“, ebenfalls bei Piper erscheinen, (siehe Rezension in Trust Nr. 228) hätte würde ich zweiteres als Empfehlung vorziehen. Gut das es immer mehr Bücher von Afrikanern über Afrika gibt, es gibt noch viel zu tun, damit sich in der globalen Wahrnehmungsverzerrung das Bild Afrikas zurechtrückt. 328 Seiten, Paperback, 20,00 Euro (dolf)
Isbn 978-3518473207
[Trust # 232 Juni 2025]