Juni 4th, 2015

Das Paläopower Kochbuch – Energie und Lebensfreude aus der Steinzeitküche, Sabine Paul

Posted in bücher by Dolf

C.H. Beck, Wilhelmstr. 9, 80801 München, www.beck.de

DasPaläopoerKochbuch

Da werden die Meinungen natürlich auseinander gehen, ob es gut für ein Kochbuch ist, welches sich in der ersten Hälfte mit dem Thema „Paläo/Steinzeit-Küche“ allgemein beschäftigt und es erst im zweiten Teil dann Rezepte gibt, oder eben nicht. Sollen die diskutieren, die das gern diskutieren wollen. Was war das noch, die Paläo-Ernährung, Steinzeit-Küche? Es geht darum das der Mensch, genetisch gesehen, noch immer Jäger und Sammler ist, zumindest was die Funktion von Gehirn, Stoffwechsel und Verdauungsorganen betrifft. Der Ansatz ist logisch und deshalb kann man ihm gut folgen, was ist für den Mensch gut. Und da der Mensch nunmal Omnivore ist, kann er eben – fast – alles essen. Nach einer Einleitung zum „Genussabenteuer mit der Steinzeitküche“ beginnt die Paläo-Entdeckungsreise mit dem Einstieg, Tipps und Tricks. Weiter mit einem „Kulinarischen Reiseführer“ durch die Jahreszeiten wo auf verschiedene Themen eingegangen wird: Muss man frühstücken? Sind Eier ok? Würze und Salz?

Welches Fleisch? Warum Milch nicht gut ist. Früchte und ihre Farben. Wichtige Nüsse, Wurzeln und Samen. Warum Getreide nichts taugt. Fett, Honig, Zucker….. im Prinzip wird auf all das eingegangen was man für eine gute Ernährung wissen sollte. Das ist für Leute die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen nicht neu, aber für Einsteiger (oder auch für Leute die sich in die falsche Ernährungsrichtung verrannt haben….) sehr hilf- und aufschlußreich. Ich hatte auf jeden Fall Spass daran das alles nachzulesen, mich in Hintergrund-Informationen zu vertiefen und so einiges wieder ins Gedächtnis zurück zu rufen. Die Autorin besuchte auch einen der letzten noch existierenden Jäger und Sammler Stämme, die Hadza am Lake Eyasi in Tansania. Von den Erlebnissen dort berichtet sie auch inklusive s/w Bildern. Das ist oftmals interessant, aber auch nicht immer auf „uns“ übertragbar. Etwas weniger Faszination wäre vielleicht etwas mehr gewesen. „Dann werden von den Hadza auch einmal größere Mengen Eier geschlürft – manchmal sind auch angebrütete oder fast ausgebrütete dabei. Sie sind wegen des zusätzlichen Nährwerts und der Zartheit der Jungtiere besonders beliebt.“ oder „Eine von ihnen macht ein von Löwen frisch geschlagens Weißschwanzgnu ausfindig, jagt an einem anderen Tag einen frisch geborenen Steenbock oder überrascht ein Kudubaby im Schlaf.“ Klar, kann man machen und wir hielten ja schon fest das Mensch Allesesser ist – aber man könnte das auch mal ein wenig in Frage stellen – wenn man will. Der Rezeptteil mit gut 120 Rezepten ist kaum bebildert. Was im Falle von so Rezepten wie „Apfelkompott Ruckzuck“ (3 Äpfel, 100ml Wasser, 1 Messerpitze Zimt) vielleicht auch ähnlich überflüssig wäre wie das Rezept selbst. Zum Glück sind es aber nur ein paar dieser Ausrutscher. Ansonsten bekommt man gute Anregungen für leckere Mahlzeiten ohne moderne Zutaten. Das Rezept „Suppengrundstock“ beschreibt zum Beispiel wie man auf die gekauften Suppenwürfel bzw. Suppenbrühe verzichten kann. Man muss es sagen, bei den Rezepten herrscht Licht und Schatten. Natürlich sind einige der Rezepte mit Fleisch, bei vielen kann man das einfach weglassen und eine Menge sind sowieso ohne Tier. Insofern ist das auch für Vegetarier bzw. Veganer geeignet. Und es mag ja stimmen: „Ethnographische Daten zeigen: Kein uns bekanntes Naturvolk lebte oder lebt vegetarisch oder vegan. Der Anteil an tierischen Nahrungsquellen ist allerdings variabel und reicht von mindestens 5 bis zu fast 100%.“ (Es gab wohl mal vor 2 Millionen Jahren den Paranthropus boisei – „Nussknacker-Mensch“ der sich überwiegend von Gräsern ernährte, dann aber leider nach einer Million Jahren ausgestorben ist.) Was ja aber nicht heisst, das man alles so machen muss wie es vor Jahrtausenden gemacht wurde. Ist das im Sinne der Evolution, wenn man in der Zeit zurückgreift und da alles eins zu eins kopiert? Oder ist es evolutionär gesehen für die Zukunft besser – vorausgesetzt man lebt in der entsprechenden Region – wenn man eben auf das Töten von Tieren verzichtet? Muss jeder selber wissen, ich plädiere hier für Paläo-Vegan.
Aber zurück zum Buch, die Autorin weiss worüber sie schreibt, kann das auch wissenschaftlich belegen ohne dabei wissenschaftlich zu klingen, das macht es prima lesbar. Ein spannendes Thema aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft. Keine hundert Punkte, aber doch deutlich hoher zweistelliger Bereich. Taschenbuch, 270 Seiten, 16,95 Euro (dolf)
Isbn 978-3406667640

[Trust # 171 April 2015]

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