Anders heilen? – Wo die Alternativmedizin irrt, Dittmar Graf, Christoph Lammers

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Tja, die Alternativmedizin irrt leider schon bei ihrem Namen, denn wenn man den Ausführungen folgt, dann kann es keine Alternativmedizin geben, weil es ja zur Medizin keine Alternative geben kann und wenn es etwas „neues“ gibt, dann ist es ja keine Alternativmedizin mehr, sondern Medizin. Deshalb haben die AutorInnen auch gleich einen anderen, besser passenden Begriff parat. Nämlich Paramedizin die sich aus Parawissenschaft speist. Es geht erstmal um Deutungshoheit, somit wird die Problematik beim Kern bzw. der Wurzel gepackt. Wenn schon denn schon. Nach einem Vorwort der beiden oben genannten Herausgeber beschäftig sich Martin Mahner mit diesem Thema und bezeichnet es als Ausdruck illusionären Denkens und Handelns – was er natürlich mit vielen guten Argumenten belegt. Dittmar Graf und Christoph Lammers gehen im nächsten Kapitel einen Schritt weiter und erklären warum die sogenannte Alternativmedizin nicht praktiziert werden sollte.

Es wird natürlich auch berichtet das Paramedizin ebenso helfen kann, aber natürlich nicht die Paramedizin selbst, sondern nur die dadurch hervorgerufenen Placeboeffekte – das darf auch nicht unter den Tisch fallen. Auch wenn man sich schon fragen muss was das soll – wenn man sich allein den Quatsch in der Hömopathie mit den Globulis ansieht. Ausführlich wird auch beschrieben wie Argumente von Alternativmedizin-Befürwortern zu beurteilen sind. Es geht viel um Evidenz und methodische Standards die eben in der Medizin üblich sind und bei der Paramedizin praktisch nicht zum Einsatz kommen, weil sie eben oftmals nichts beweisen können. Markus Schulte von Drach beschäftig sich in seinem Kapitel mit dem Problem warum immer mehr Ärzte Behandlungsmethoden anbieten die nicht ernst zu nehmen sind bzw. diese auch schonmal in den Lehrplan von Universitäten übernommen werden – das frage ich mich allerdings auch! Geschichtlich wird betrachtet wie das alles entstanden ist und wie es sich entwickelt und das eben die Ärzte auf den Markt reagieren. Martin Hermann zeigt in seinem Kapitel auf warum es nicht so ist: „Wer heilt hat recht“ sondern es vielmehr viel öfter so ist das wer heilt auch oft unrecht hat. Das nächste Kapitel von Edzard Ernst ist etwas zu wissenschaftlich für meinen Geschmack, passt aber gut ins Buch. Es geht um Studien zur Homöopathie – wo sie erwartungsgemäß nicht sonderlich gut wegkommt. Das nächste Kapitel ist mir etwas zu ausführlich, Barbara Burkhard wirft einen kritischen Blick auf Anspruch und Wirklichkeit der Anthroposophischen Medizin. Zitiert dabei viel aus den Originalschriften von dem Erfinder des Quatsch (Rudolf Steiner) und allein daran kann man schon erkennen das der Knabe einen an der Waffel hatte. Umso besser das es hier mal ordentlich zerlegt wird, aber in der Länge wird es halt auch nicht spannender. Peter Pommers Beitrag zum Thema Impfen ist das beste was ich zum Thema bisher gelesen hab. Weil es um Vor- und Nachteile vom Impfen geht und man zwischen berechtigter Impfkritik und dogmatischer Impfgegnerschaft unterscheiden muss. Das macht Sinn, bringt endlich mal ein wenig Klarheit in das Thema und spricht sich dafür aus. Zum Schluss beschäftigt sich Colin Goldner auch noch mit „Alternativer Tierheilkunde“ wo sich auch genügend Quacksalber rumtreiben die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Teilweise überschneidet sich die Argumentation, weil es eben um die gleichen Verfahren wie beim Menschen geht. Dennoch wichtig das es hier nochmal in aller Deutlichkeit gesagt wird. Alles in allem ein prima Buch, welches in der Gesamtheit gut lesbar ist und endlich mal Klartext über den ganzen Mist, der einem da draussen angeboten wird, redet. Und auch gut das die Autoren am Ende nochmal ganz klar sagen: „Gegen die Quacksalberverfahren der sogenannten Alternativheilkunde zu sein, heißt keineswegs, der Schulmedizin oder der Pharmaindustrie blind zu vertrauen. Ganz im Gegenteil: Kritik ist auch und grade hier unabdingbar, nicht zuletzt vertrauen viele Menschen den pseudomedizinischen Praktiken der Alternativheilerszene gerade deshalb, weil sie dem herrschenden Gesundheitswesen, dem Diktat von Mediziner- und Pharmalobby, zutiefst misstrauen. In der Tat bürgt eine Approbation als Arzt oder Tierarzt nicht notwendigerweise für fachliche Kompetenz und ethische Integrität.“ Denn das fehlt mir so ein wenig, das auch die Medzin und die teilweise dort herrschenden Methoden etwas auseinandergenommen werden. Bzw. die AutorInnen hier und da für meinen Geschmack ein wenig zu sehr davon überzeugt sind zu wissen was Wissenschaft ist und was nicht…. aber das ist wieder ein anderes Thema und nicht dieses Buchs. Fast 180 Seiten, broschiert. 14.- Euro. (dolf)
Isbn 978-3865691699

[Trust # 176 Februar 2016]